Impulse

Die mobile Klosterzelle

Franziskaner binden sich beim Ordenseintritt nicht an ein bestimmtes Kloster. Darin unterscheiden sie sich zum Beispiel von den Benediktinern. Diese versprechen die so genannte „stabilitas loci“, also die lebenslange Verbundenheit mit einer bestimmten Abtei, in deren Umkreis sie wirken. Von einem Franziskaner hingegen wird, so könnte man sagen, die „mobilitas“ erwartet. Er soll innerhalb seiner Ordensprovinz immer wieder zum Weiterziehen bereit sein, dorthin, wo er gerade gebraucht wird. Das ist eine Herausforderung. Jedes Mal ist es aber auch eine neue Chance. Spirituell betrachtet bedeutet dies die Konkretisierung des Auftrags Jesu: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen“ (Mk 16,15)

Für den hl. Franziskus hat die Klosterzelle aus Holz und Stein keine besondere Wichtigkeit. Er kennt eine andere Dimension der „Zelle“, nämlich jene im eigenen Inneren. Und die sollen die Brüder immer wieder aufsuchen, und zwar mitten im Getriebe des Alltags, oder auch wenn sie am Weg sind. Sie ist der Ort der inneren Zwiesprache mit Gott und der Selbsterkenntnis. In diese Zelle können sie auch an Plätzen eintreten, die für das Gebet völlig ungeeignet erscheinen.

Der Heilige aus Assisi hat diese Vorstellung von den Wüstenvätern übernommen. Diese sammelten in den ersten Jahrhunderten nach Christus wichtige Erfahrungen des geistlichen Lebens. Sie meinten, der Mensch – auch wenn er kein Ordenschrist ist – soll seine innere Klosterzelle nie verlassen. Dies sei nämlich eine Flucht vor dem guten „Kampf“, den es dort zu führen gebe. Was ist mit diesem „Kampf“ gemeint?

Es ist der Kampf dagegen, im „Hamsterrad“ des Alltags unterzugehen und seine innere Freiheit immer mehr einzubüßen. Die Zelle zu bewohnen heißt, so oft wie möglich aus dem Hamsterrad auszusteigen und in der eigenen Seele einzukehren. Es geht darum das eigene Leben mit etwas Abstand anzuschauen, und zwar mit den liebevollen Augen Gottes, und keinesfalls in Selbstabwertung. Das kann immer wieder geschehen, zumindest aber am Abend: „Nahsehen statt Fernsehen“, könnte das Motto lauten. Den Tag noch einmal an sich vorüberziehen lassen, wie in einem Film, und schauen, in welchen Situationen und Menschen Gott an diesem Tag zu mir gesprochen hat. Es heißt auch, die eigenen Reaktionen anzuschauen: Warum habe ich so oder so reagiert? Welche Gefühle und Gedanken haben mich dabei geleitet? Schließlich geht es darum alles Gott zu übergeben und ihm zu danken.